Welche Ausmasse die Kombination aus Bierseligkeit, grosser Vorfreude im Publikum und einer ausverkauften Halle annehmen kann, wird schon nach den ersten Tönen ersichtlich: Die Zuschauer rasten regelrecht aus. Der Blick von der Galerie herab auf die hin- und herwogende Menschenmasse ist zunächst durchaus beängstigend. Unter anderem, weil regelmässig Fans in der Menge zu Boden fallen. Das entgeht der Band nicht, die schon früh um Vor- und Rücksicht auf die Mitmenschen im Pulk bittet.
Video: Youtube / Beat Hochheuser
Feueralarm an einem Konzert: Check
Die Anfangseuphorie hinterlässt bald ihre ersten Spuren: Die Temperatur im Komplex 457 steigt (mal wieder) sprunghaft an, die Band selbst ist nach drei Songs bereits völlig durchgeschwitzt. Es sollte aber noch heisser werden. Zur allgemeinen Verwirrung sind nämlich auf einmal Rauchschwaden im Zuschauerraum auszumachen. Bis klar wird, dass Türen ins Freie geöffnet worden sind und frische Luft eingeströmt ist. Der Feueralarm sei ausgelöst worden, weil es so heiss geworden war, lässt Sänger Felix Brummer anschliessend verlauten. Das dann wohl eher doch nicht. Vielmehr könnte die Pyro-Aktion der Marke Kraftklub während «Karl-Marx-Stadt» ihren Anteil am Alarm gehabt haben, als Brummer auf der Bühne und ein Helfer ihm gegenüber in der abgesperrten Mischpult-Zone je eine Pyro-Fackel zünden.Feuerwerk ist eines der Showelemente, das die deutsche Band einsetzt. In diese Reihe fällt auch die übergrosse Papphand mit zu einer Pistole geformten Fingern, die Brummer für das stimmungsvolle «Schüsse in die Luft» in die Höhe hält und die den Song mit einem Knall beendet. Oder die Konfettikanonen, die zu «Song für Liam» im maschinenerzeugten Nebel Tausende roter und weisser Schnipsel verschiessen. Oder schwarz-weisse «Randale»-Fahnen.
Man kann ja mal anrufen
Und dann gibts noch die obligaten Zückerchen für die Fans: Wenn der Frontmann Brummer für die erste Zugabe plötzlich aus dem Nichts beim Mischpult auftaucht und dort performt, um sich nach dem Song von den Händen der Zuschauer zurück zur Bühne tragen zu lassen. Das trägt genauso zur Stimmung bei wie die bewährten Publikumsanimationen, die positiverweise nur in wenigen Situationen allzu offensichtlich inszeniert wirken. In einem anderen Fall schafft es der Sänger mit einer Ansage sogar, seine eigene Band zu verwirren, die mit fragenden Gesichter umgehend einen prüfenden Blick auf die Setlist wirft und anschliesslich die Lage nochmal besprechen muss. Ebenfalls immer wieder witzig: Das Handy eines Zuschauers auszuleihen und dann bei einer nicht anwesenden Freundin des Fans anzurufen. Nota bene mit eingeschaltetem Lautsprecher, damit auch alle im Saal mithören können.Fernab des ganzen Drum und Drans wird natürlich auch Musik gespielt. Und zwar zackiger Indie-Rock, der mal an Maximo Park, mal an die Kaiser Chiefs erinnert, mit dementsprechend vielen Möglichkeiten zum Mitgrölen. Dazu gepogt und gemosht wird sowieso nahezu die ganze Zeit. Das fängt schon beim krachenden Auftakt an: «Unsere Fans», «Eure Mädchen» (mit grossartigem 30-Sekunden-Break mittendrin) und «Ich will nicht nach Berlin» bringen die Zuschauer wie eingangs erwähnt regelrecht zum Durchdrehen. Gegen Konzertende steigt mit dem ersten Zugabenblock die Hitdichte nochmals an - mit den eskalierenden «Randale» und «Scheissindiedisko» (inklusive Dutzender geschwenkter T-Shirts) als Schlussbouquet.
Video: Youtube / Beat Hochheuser
Dazwischen kommt beispielsweise der poppige Refrain von «Wie ich» sehr schön zur Geltung, und «Zwei Dosen Sprite» vermag auch live aufzutrumpfen. Im Gedächtnis haften bleiben zudem die zurückhaltenderen Momente. Der ruhige Gitarrenauftakt des Britpop-inspirierten «Meine Stadt ist zu laut» zum Beispiel. Oder insbesondere, dass es mitten im Konzert quasi zu einem zweiten Intro kommt, welches nicht nur ein grosses «K» auf der Bühne zum Erleuchten bringt, sondern auch pompös ein clever konstruiertes Medley ankündigt, das kurz und knackig gleich sechs Songs vom Debütalbum «Mit K» in einem vereint.