Grossartig

Bloc Party in Zürich: Keine Anzeichen für eine Auszeit

Bei ihrem einzigen Schweizer Konzert gestern Abend in Zürich liessen sich Bloc Party nichts von internen Querelen anmerken. Sollte es tatsächlich der letzte Auftritt gewesen sein, dürfte die Londoner Indie-Rockband in bester Erinnerung bleiben.
Bloc Party: gestern zum letzten Mal auf einer Schweizer Bühne?
Bloc Party: gestern zum letzten Mal auf einer Schweizer Bühne?Photo: instagram.com/openairguide
«Vielleicht spielen wir eine tolle Show, sind in einem Hoch und am nächsten Tag passiert irgendeine Kleinigkeit, und dann hassen einander wieder alle. Es ist eine ständige Achterbahnfahrt der Gefühle», sagte Gitarrist Russell Lissack vor einigen Wochen in Kanada, wo er einen Einblick in das problematische Innenleben bei Bloc Party gewährte und gleichermassen eine längere Bandpause ab Ende Juli 2013 ankündigte.

Laut und stimmungsvoll

Nun, nach der gestrigen Show im Komplex 457 dürfte die Gruppe um Frontmann Kele Okereke gewiss mit einem guten Gefühl an den nächsten Auftritt nach Frankreich weitergereist sein. Denn das Quartett lieferte vor knapp 1000 Zuschauern während 75 Minuten ein grossartiges, lautes Set ab, das hauptsächlich Songs vom aktuellen («Four») und den ersten beiden, herausragenden Alben («Silent Alarm» bzw. «A Weekend In The City») enthielt. Dazu kamen noch die Single «One More Chance» aus dem Jahr 2009, die von Lasern unterstützt auch visuell für eines der etlichen Stimmungshochs verantwortlich war und zwei Songs von der bevorstehenden EP «The Nextwave Sessions», welche im August erscheinen wird.


Ebenfalls ein Highlight in Zürich: der nahtlose Übergang von «Song For Clay (Disappear Here)» zu «Banquet».
Einer dieser beiden neu vorgestellten Tracks - das ruhige, langsame «Montreal» - fand dabei zum ersten Mal im Rahmen der aktuellen Europatour den Weg in die Setlist. Ein Privileg für das Schweizer Publikum, das mit 19 Songs, zwei Portionen Zugaben und einem gut gelaunten Okereke durchaus davon profitierte, als einziges Clubkonzert inmitten von 20 Festivals im aktuellen Tourplan von Bloc Party gelistet zu sein.

Für das Quartett schien das Konzert in Zürich eine ideale Abwechslung zum Festivalalltag sein. Dass beispielsweise die Resonanz der Fans in einem Club bekanntermassen deutlich besser ausfällt, blieb auch auf der Bühne nicht verborgen. Der charismatische Bandleader Okereke machte einen mehr als zufriedenen Eindruck, tanzte zwischenzeitlich strahlend herum und äusserte sich wohlwollend über das Publikum: «It's just a Tuesday night. You're awesome.»

Ein einziger Verdachtsmoment

Von den nachgesagten Auflösungserscheinungen war da kaum etwas zu spüren. Lediglich Bassist Gordon Moakes trug am Ende des ersten Zugabenblocks möglicherweise ein wenig Nährstoff zur Problematik bei, die man angesichts der Vorgeschichte um den plötzlichen Ausstieg von Schlagzeuger Matt Tong vor einem Monat natürlich mit Argusaugen beobachtete. Der letzte Ton des Überhits «Helicopter» war noch nicht verklungen, da hatte Moakes seinen Bass schon deponiert und die Bühne eilig verlassen. Dafür erntete er irritierte Blicke von Okereke und Aushilfsschlagzeugerin Sarah Jones, die im Übrigen ihren begnadeten Vorgänger nicht vermissen liess.

Das war aber auch schon alles, was im Entferntesten etwas Raum für Spekulationen bot. Und dennoch scheint das Kapitel Bloc Party nun - zumindest für die nähere Zukunft - geschlossen zu sein. Zu klar sind die Aussagen der Bandmitglieder in diversen Interviews. Das «See you soon» zum Abschied aus dem Mund von Kele Okereke dürfte eher für ihn selbst gegolten haben, der sich ab Herbst wieder vermehrt als House-DJ betätigen und womöglich auch ein zweites Soloalbum aufnehmen wird.

Auf Wiedersehen?

Ein Funken Resthoffnung bleibt aber, dass in ein bis zwei Jahren nach der Auszeit vielleicht doch wieder mit der Band zu rechnen ist. Mit dem letzten Album «Four» und neuen Songs wie «Ratchet» waren die Londoner auf dem Weg zur alten Stärke in die richtige Richtung gegangen. Das haben ihre Fans auf dem ganzen Globus honoriert. Es wäre äusserst schade, wenn es nach der anstehenden Rast auf diesem verheissungsvollen Pfad dann doch nicht mehr weitergehen würde. In diesem Sinne: Hope to see you soon, too, Bloc Party.
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