Vergangenes Jahr hat das spezielle Ambiente rund um die Steinberggasse und den Kirchplatz dabei den Musikfestwochen mit knapp 53'000 Besucher einen neuen Zuschauerrekord beschert und so den grossen Aufwand, den die Veranstalter mit ihrem - in diesen Dimensionen einzigartigen - Trägerverein und den rund 500 freiwilligen Helfern alljährlich auf sich nehmen, mit Nachdruck honoriert. Die riesige Identifikation mit dem Festival ist deutlich spürbar.
Gratwanderung
Und doch wird es angesichts der stetig anwachsenden Konkurrenz, explodierender Bandgagen und dem grundsätzlich wählerischer gewordenen Besucher zu einer immer schwierigeren Gratwanderung für das Traditionsfestival. Finanziell kann man sich mit einem Bandbudget von knapp einer halben Million nur eingeschränkt mit den ganz grossen Festivals messen. Dankbarererweise wird das Gelände von der Stadt zur Verfügung gestellt. Doch dass die Kultursubventionen - die Musikfestwochen erhalten rund 200'000 Franken Unterstützung von Winterthur - wegen Einsparmassnahmen bald neu verhandelt werden und die bis anhin zugesicherte Hilfe durch den lokalen Zivilschutz dieses Jahr nicht zustande gekommen ist, sind nicht unbedingt förderliche Umstände.
Ungeachtet aller Hindernisse präsentieren die Veranstalter aber auch unter neuer Programmleitung erneut ein Line-Up mit einigen Leckerbissen. Travis und die Sportfreunde Stiller absolvieren (kostenpflichtig) schweizexklusive Festivalauftritte. Glen Hansard ist sowieso eine Wucht. Bei den kostenlosen Konzerten, die über Kollekte und Einnahmen aus der Gastronomie finanziert werden, finden sich gleich zum morgigen Auftakt mit den grossartigen Steaming Satellites und der Indie-Rockband Kashmir aus Dänemark die ersten zwei Ausrufezeichen. Im Anschluss findet sich an fast jedem Tag ebenfalls mindestens eine weitere Sehenswürdigkeit, wie zum Beispiel der österreichische Rapper Gerard MC (Do, 15.08.), noch mehr dänisches Musikschaffen von Efterklang und Rangleklods (Sa, 17.08.), die Mundart-Soul-Aufsteiger Min King (So, 18.08.), der von Jack White geförderte Americana-Crooner Pokey LaFarge (Mo, 19.08.), das mitreissende Balkan-Septett Dubioza Kolektiv, die eindrückliche Minimal-Jazz-Pop-Fusion des Londoner Portico Quartet (beide am Mi, 21.08.) oder zuguterletzt das St. Galler Frauen-Rock'n'-Roll-Trio Velvet Two Stripes (Do, 22.08.).
Zum Abschluss der diesjährigen Musikfestwochen kommt es in der Steinberggasse zu einem Zusammentreffen dreier Bands, die man in dieser Konstellation gut und gerne auch an den standesgemässen Grossfestivals im deutschsprachigen Raum findet. Warum? Alle drei Acts gehören zu den «klassischen» Festivalbands.
Quasi-Comeback geglückt
Headliner des Abends sind die Sportfreunde Stiller. Verheissungsvoll hatte die Karriere der drei Münchner um die Jahrtausendwende ihren Anfang genommen. Die ersten drei Alben mit Hits wie «Ein Kompliment», «7 Tage 7 Nächte» oder «Siehst Du Das Genau So?» waren Renner. Und es kam noch besser: mit der WM-Hymne «54, 74, 90, 2006» spielte sich das Trio im Jahr 2006 in die Herzen Millionen deutscher Fussballfans, traten auf der Fanmeile in Berlin vor Hunderttausenden auf. Den riesigen Erfolg hätten sie aber beinahe teuer bezahlt: mit derartigen Engagements die Glaubwürdigkeit bei den eigenen «alten» Anhängern verspielt, mit dem (zu) schnell veröffentlichten Folgealbum «La Bum» bei den neuen Fans der «Fussballband» nicht gepunktet, kurz: auf den Höhepunkt kam die Krise.Nach einem abermals erfolgreichen Abstecher ins Unplugged-Segment war der Punkt definitiv erreicht: 2010 folgte die Auszeit auf unbestimmte Dauer. Diese haben Peter, Flo und Rüde offensichtlich bestens genutzt. Das diesen Frühling veröffentlichte «New York, Rio, Rosenheim» übertraf die meisten Erwartungen, eine erste Clubtour war im Nu ausverkauft. Die Musikfestwochen, wo die Band zuletzt vor elf Jahren gespielt hatte, haben dabei die Ehre zugesprochen bekommen, den einzigen Schweizer Festivalauftritt 2013 der Sportfreunde Stiller auszutragen.
Der Retter
Ebenfalls in Winterthur an diesem Abend zu Gast sein wird Rapper Casper, der sich mit seinem zweiten Album «XOXO» vor zwei Jahren auf einen ähnlich vielversprechenden Weg wie die Sportfreunde begab. Als «Retter des deutschen Hip-Hops» wurde er betitelt, seine Liveshows sind bereits berüchtigt. Ein Rapper, der Genregrenzen problemlos überwindet und gerade an Festivals kontinuierlich weitere Fanmassen neu für sich gewinnt.Mit Spannung wird derzeit die Veröffentlichung seines neusten Werks «Hinterland» erwartet, das er in Zusammenarbeit mit Get Well Soon-Mastermind Konstantin Gropper aufgenommen hat und welches Ende September erscheinen wird. Platz 1 - zumindest in der deutschen Hitparade - scheint vorprogrammiert. Seit Bekanntgabe belegen die diversen Versionen des Albums unentwegt die Spitzenplätze der Vorschau-Charts bei amazon.de.
Tickets für den letzten Festivaltag, den die schwedische Rockband Royal Republic eröffnen wird, sind zum Preis von 59 Franken bei Starticket erhältlich.
openairguide.net verlost in Zusammenarbeit mit den Musikfestwochen 2x2 Tickets für die Shows von Sportfreunde Stiller, Casper und Royal Republic am Sonntag, 25. August 2013 in Winterthur. Der Link zum Wettbewerb befindet sich unten im Kasten. Einsendeschluss ist der Samstag, 17. August 2013.