Neue Facetten
In welch hervorragender Verfassung sich die fünf Briten vorgestern auf der Bühne präsentierten, war eindrucksvoll. Und es bestätigte sich einmal mehr, dass auch ein schwächeres Album einen Auftritt nicht ausbremsen kann, wenn eine Band über genug Live-Qualität verfügt. Noch besser, wenn diese - wie im Fall der Editors - dazu in der Lage ist, besagten Songs neues Leben einzuhauchen. Bis anhin eher belanglose Stücke wie «Nothing», die auf «The Weight Of Your Love» nicht richtig zur Geltung kommen wollen, zeigten plötzlich ein völlig anderes, hübscheres Gesicht. Und die auf dem Album schon herausstechenden «Formaldehyde», «A Ton Of Love» (Desiiiiire!) oder «The Phone Book» (in einer berührenden Akustikversion) reihten sich unter die zahllosen Highlights, die das Konzert mit sich brachte.Video: Youtube / ZaWiFilms
Zunächst hatte, abgesehen vom Opener «Sugar», eine Handvoll älteres Songmaterial der Show einen glänzenden Einstieg beschert. «Smokers Outside The Hospital» und «Bones» haben auch Jahre später nichts von ihrer Dringlichkeit eingebüsst. Die scharfen Gitarren und das wuchtige Schlagzeug zusammen mit Smith's tiefgehender Stimme sind noch immer ein Erlebnis. Schön zu sehen, wieviel Spielraum dem vorletzten, elektronischer ausgefallenen Album «In This Light And On This Evening» auf der hochkarätigen Setlist zugestanden wurde. Songs wie «Like Treasure» oder das grosse «Bricks And Mortar» als erste Zugabe bildeten die perfekte Abwechslung. Und von den herausragenden ersten beiden Editors-Alben kann man sowieso nie genug kriegen. «All Sparks» grandios, der gewohnte Abschluss mit dem ausufernden, achtminütigen «Papillon» der helle Wahnsinn, die Doublette mit «Munich» und «The Racing Rats» hintereinander die Rezeptur zum Glück: I'm so glad I've found this.
Video: Youtube / prosecconinjas
Ein Toast auf die Belgier
Ebenfalls einen nicht unwesentlichen Anteil an diesem so gelungenen Konzertabend hatten die wunderbar unaufgeregten Balthazar als Special Guest. Froh sein kann die Band, die einen derart hochdotierten Act als Vorgruppe vorweisen kann. Wie die Editors vermochte auch das belgische Quintett mit einer ausserordentlich gut besetzten Setlist und einem grossen Finish zu punkten. Viel Material vom aktuellen Album «Rats» - vom basslastigen «The Man Who Owns The Place» über das zauberhafte «Lion's Mouth (Daniel)» bis hin zum drängelnden «Do Not Claim Them Anymore» - stand Älteres wie der brachiale Hit «Fifteen Floors» oder der entspannende «Blues For Rosann» gegenüber, ehe sich die Belgier zum traditionellen Abschluss mit dem langgezogenen «Blood Like Wine» die erhobenen Gläser mehr als verdient hatten.Zwei bestechend gute Bands in grossartiger Spiellaune, über drei Stunden Glückseligkeit - und doch müssen sich die Editors und Balthazar einen Vorwurf gefallen lassen: Denn sie haben die Messlatte für sämtliche nachfolgenden Shows in diesem dicht gesäumten Schweizer Konzertherbst unverschämt hoch gelegt.

Toller Einstieg: Balthazar (Photo: instagram.com/openairguide)
Video: Youtube / ZaWiFilms
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