«Next big thing?»
Bereits während der vorherigen Stunde hatten vor allem die beiden in Front des im Quadrat formierten Quartetts aufgestellten Devon Portielje, vor sich hinstrahlender Sänger und Gitarrist, und der langhaarige Conner Molander, Multiinstrumentalist (Keyboard, Gitarre, Mundharmonika) und Backgroundsänger, äusserst positiven Vibe demonstriert, wenn sie für Instrumentalparts den Weg zueinander suchten oder Molander den knienden Portielje nach absolviertem Solo gar rücklings umstiess. Zum Ausklang des bluesigen «Rock'n'Roll Life» war diese witzige Aktion der amüsante Schlusspunkt eines kurzweiligen Konzerts, das zweifellos erklärt hat, warum Half Moon Run seit einigen Monaten einhellig von Fans und Presse mit Lobeshymnen überschüttet und als «next big thing» proklamiert werden.Herausragend die kratzige Stimme des grinsenden Portielje, die - vor allem wenn sie sich überschlug - unglaubliche Wirkung erzielte und wunderbar in das folkige Kleid passte, das ihr die Band zurechtgeschneidert hatte. Mal schlängelte sich der Gesang über das Pianothema wie beim eröffnenden «Judgement», dann führte er den meist mehrstimmigen Bandchor an, der mitunter die wiederholt aufgekommenen Vergleiche mit den Fleet Foxes bestätigte. Radiohead, die Half Moon Run als wichtige Inspiration bezeichnen, erhielten bei «Give Up» ebenso ihre ohrenscheinliche Referenz.
Und trotz der vielen hörbaren Einflüsse schafften die vier Kanadier zusammen ihren eigenen Sound, beeindruckten mit überzeugend strukturierten Songs und gaben sich zudem selber immer wieder Freiraum für kurze Soli. Wie ein hochangenehmer Schiffausflug inmitten einer schönen hügeligen Landschaft war das, zu dem das Zürcher Publikum an diesem Samstagabend eingeladen wurde. In den ruhigen Phasen wähnte man sich unter sternenklarem Nachthimmel allein im Boot auf weiter Flur treibend, um dann sobald sich die Songs hochgeschaukelt hatten («Full Circle» oder das anregende «Call Me In The Afternoon», wo gleich drei Bandmitglieder den Beat mittrommelten) das wilde Flusstal hinunterzugleiten.
Ein packendes Erlebnis, das angesichts des entstandenen Strudels, dessen Sog Half Moon Run mit ihren gelungenen Shows immer weiter verstärken, eigentlich bald seinen Weg vom beschaulichen Fluss in den breiten Strom finden müsste.