Den Tophits sei Dank

TNAF-1111 gerade noch gerettet - So waren The Naked And Famous in Zürich

Spannender Start, mässige Bordunterhaltung und eine gelungene Landung: Die Beschreibung eines Fluges oder die Umschreibung des gestrigen Auftritts von The Naked And Famous im Komplex 457 in Zürich.
Schräglage überstanden: The Naked And Famous gestern im Komplex 457.
Schräglage überstanden: The Naked And Famous gestern im Komplex 457.Photo: instagram.com/openairguide
Die erste Erkenntnis des Abends vorweg: Im Vergleich zum Debakel am vergangenen Mittwoch bei den Crystal Fighters präsentierte sich die Soundabmischung im Komplex 457 gestern Abend bei The Naked And Famous deutlich besser. Die Veranstalter durften sich zudem über eine überaus gut besuchte Location freuen, was sich unter anderem darin äusserte, dass auch die Galerie mit Zuschauern besetzt war, die an diesem Abend dem Synthie-Pop-Quintett aus Neuseeland den Vorzug gegeben hatten gegenüber bemitleidenswerten TV-Figuren, die zu selber Zeit Rosen verteilten/erhielten und Nacktfotos verschicken, um wenigstens etwas berühmt zu werden.. (Gesuchte Bachelor-Naked And Famous-Brücke schlagen: Check.)

Mehr Druck

Anyway, der Auftakt in das 75-minütige Konzert um die beiden Hauptdarsteller - die herzliche Sängerin Alisa Xayalith mit blondiertem Kurzhaarschnitt und Produzent/Gitarrist/Zweitsänger Thom Powers - fiel äusserst verheissungsvoll aus. Der spannende Opener «A Stillness» steigerte sich dramatisch vom akustischen Gitarrenthema zum rauschenden Schlagzeugdonner der Marke Industrial. Und auch das nachfolgende «Hearts Like Ours» offenbarte, dass bei The Naked And Famous die rockige Komponente auf der Bühne viel stärker zur Geltung kommt als in der Produktion. Die herausstechenden E-Gitarrenriffs von Powers taten der ersten Single ihres zweiten Albums live spürbar gut.

Im ähnlichen Stil ging es weiter. Zum aktuellen Titeltrack «Rolling Waves» holte sich Xayalith auf sympathische Art die Mitsinghilfe des Publikums für den Refrain ein und das radioheadhafte «The Sun» vermochte zu fesseln, obwohl - oder vielleicht gerade weil - neben den beiden flüsternden Stimmen der Sänger wenig in diesem Song passierte.

Spannungsbarometer Publikum

Damit kam dann jedoch der schleichende Knackpunkt. Rund um den Mittelteil der Show gelang es der Band nicht mehr, den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Stück für Stück plätscherte dahin. Da half das Autotune bei «Grow Old» nicht, der 80er-Kitsch von «All Of This» genauso wenig. Irgendwas fehlte - und das machte sich auch im Publikum bemerkbar. Song vorbei, Geschwätz an. Normalerweise genügt die Gesprächslautstärke der Zuschauer nicht als Kriterium, hier widerspiegelte sie aber das stark nachlassende Geschehen auf der Bühne ziemlich gut.

Da brauchte es schon die zwei Kracher, um den Karren noch aus dem Dreck ziehen zu können. Die eisigen ersten Synthietöne von «Punching In A Dream» liessen die Diskussionen zunächst verstummen, brachten wieder etwas Bewegung in das stimmungsmässig keineswegs enttäuschende Publikum und sollten einen ansprechenden Schlussteil einläuten.

Die Rettung zum Schluss

Zur endgültigen Zufriedenheit benötigte es aber noch einmal etwas Anlauf, die schliesslich der abschliessende Überhit «Young Blood» lieferte. Die vier auf bogenartigen Gerüsten auf der Bühne postierten Lichtelemente rechtfertigten (endlich) ihre Aufstellung und auch dramaturgisch passte es wieder. Mehrere Sekunden standen The Naked And Famous nach getaner Arbeit im Dunkeln, erster Beifall ertönte, als überraschend nochmals der «Yeah, Yeah, Yeah»-Refrain einsetzte.

In letzter Minute hatten die Neuseeländer die Kurve gerade noch gekriegt - oder um im Flugjargon zu bleiben: Nach einer Warteschleife nochmals durchgestartet und dann auf den Punkt gelandet. Auch eine Variante, eine mässig unterhaltendee Reiseflugphase vergessen zu machen.
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