Friede, Freude, Eierkuchen

Harmonie überall - So waren The Lumineers in Zürich

Wenn an einem Konzert weder eine dürftige Lichtshow noch ein früh ins Spiel gebrachter Tophit negativ ins Gewicht fallen, dann hat der Rest mehr als gestimmt. Der Rückblick auf die gestrige Show der The Lumineers im Komplex 457.
Charismatischer Bandleader: Wesley Schultz bei einem Auftritt in Dublin
Charismatischer Bandleader: Wesley Schultz bei einem Auftritt in DublinPhoto: Screenshot / Youtube (Linninhaa)
Drei Mal war die Chance in den vergangenen neun Monaten da, einen Auftritt der The Lumineers in der Schweiz zu erleben. Drei Mal kam zu spät, wer sein Ticket kurzfristig organisieren wollte. Nach einer Show im Frühling im vollen Komplex 457 und der Teilnahme am gleichwegs ausverkauften Open Air St. Gallen spielte das US-Trio gestern Abend in Zürich erneut vor dicht gedrängten Reihen.

Allzu viel Neues gab es beim jüngsten Auftritt für Besucher der bisherigen Shows nicht zu entdecken. Das ist bei erst einem veröffentlichten Album allerdings auch nicht sonderlich erstaunlich. Und doch brachte es die Band um Sänger Wesley Schultz trotz des überschaubaren Songkatalogs (erneut) zustande, während beachtlicher 80 Minuten einen äusserst kurzweiligen Auftritt abzuliefern.

Am Ende gross aufgezogen

Es fing mit den countryesken «Classy Girls», «Ain't Nobody's Problem» und «Flowers In Your Hair» an, wo man sich zunächst ins Zeitalter der Cowboys in ihren Western Saloons zurückversetzt fühlte und endete mit dem stimmungsvollen «Big Parade», das - auch dank einer «Freeze»-Einlage der Band - das Publikum zum Schluss des ansonsten eher trägen Zugabenblocks noch einmal zu frenetischem Mitklatschen und Mitsingen animierte.

Dass es dazwischen fast nie langweilig geworden war, hatte damit zu tun, dass das meistens um zwei Mann verstärkte Folk-Kollektiv auf der Bühne stets in Bewegung war - und damit ist nicht gemeint, wie Frontmann Schultz oft an Ort mit angewinkelten Beinen marschierte, während er mit überstrecktem Kopf ins hoch postierte Mikrofon sang. Es war der stete Wechsel der einzelnen Bandmitglieder, die sich laufend neuen Aufgaben bzw. verschiedensten Instrumenten von Mandoline bis Akkordeon widmeten und so den Spannungsbogen konstant aufrecht erhielten.

Sass Schlagzeuger Jeremiah Fraites anfangs noch an seinen Drums und Cellistin Neyla Pekarek in ihrem eigenen «Gärtchen», tauchte Fraites bei «Slow It Down» auf einmal mit Schellenkranz neben dem zu diesem Zeitpunkt allein performenden Schultz auf oder gesellte sich Pekarek mit verschmitztem Lächeln für das wunderbar neckische Duett «Falling In Love» ebenfalls zum Bandleader. Bereits nach kurzer Zeit hatten wohl schon alle mal eine andere Funktion ausgeübt.

Im Publikum aufgeladen

Für etwas Spektakuläreres war auch noch Platz: Während zweier Songs performten drei der fünf Musiker auf einer improvisierten Bühne mitten im aufgeheizten Zuschauerraum, um anschliessend mit «Charlie Boy», «Flapper Girl» und dem alles überragenden «Stubborn Love» von «oben herab» wieder einen Zacken zuzulegen und der Show einen regelrechten Schub zu verleihen. Müssig zu erwähnen, dass auch in dieser starken Phase wacker Instrumente ausprobiert wurden - mit einem von Cellistin Pekarek getragenen und von Multiinstrumentalist Fraites bedienten Miniaturpiano als besonderer Pointe.

Dass sich die fünf Bandmitglieder zum Schluss auf der Bühne einzeln herzlich umarmten, war bezeichnend. Der gesamte Konzertabend mit den vielen Singalongs, den sympathischen The Lumineers und einem dankbaren Publikum war mehr als harmonisch verlaufen. Und so ein bisschen «Friede, Freude, Eierkuchen» an einem Montagabend tut ab und an halt doch auch ganz gut.
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