Peter Doherty im X-Tra

Der Mythos lebt - So waren die Babyshambles in Zürich

Peter Doherty sieht bei seinem Auftritt mit den Babyshambles im ausverkauften X-Tra in Zürich schlechter aus als auch schon, liefert aber eine verblüffende und unterhaltsame Performance ab.
Verschwommene Ikone: Peter Doherty vorgestern im X-Tra.
Verschwommene Ikone: Peter Doherty vorgestern im X-Tra.
Rein äusserlich ist es fürwahr kein sonderlich schöner Anblick, der sich den 1800 Zuschauern vorgestern Sonntag in Zürich bietet, als Peter Doherty zusammen mit seinen Babyshambles mit zehnminütiger Verspätung die Bühne betritt. Die vielfältige Drogenvergangenheit des heute 34-Jährigen hat deutliche Spuren hinterlassen: Käseweisses, aufgedunsenes Gesicht, fettige Haare und inzwischen ist auch ein Bauch herangewachsen.

Stürmische Ankunft

Bereits die Startminuten deuten an, dass Doherty auch heute noch nicht ohne Rauschmittel kann - mittlerweile vermutlich hauptsächlich Alkohol. Leicht verwirrt taumelt er von Anfang an auf der Bühne herum. Auf den zweiten Song «Delivery» leert er sitzend vor dem Schlagzeug in Rekordzeit fast einen ganzen Becher eines ominösen, von der Farbe an Grapefruitsaft erinnernden Getränks, um nur Sekunden später seinen Drink fast aus der Hand fallen zu lassen, weil er dadurch prompt den Einsatz für das nachfolgende «Nothing Comes To Nothing» verpasst hat. Das bremst den Briten aber nicht aus, im Gegenteil: noch während des selben Songs wirft er sich kurz ins Publikum.

Die Band als Ganzes weiss dank ihrer ansprechenden Livequalität zu überzeugen. Sie deckt von simplen Indie-Rockmustern über tanzbaren Ska (u.a. «I Wish») bis hin zu zügellosem Punk und ruhigeren Tracks unaufgeregt ein sehr breites Spektrum ab. Dass für den hohen Unterhaltungswert der Show aber nicht immer ausschliesslich die Musik verantwortlich zeichnet, ist das Verdienst von Peter Doherty, dessen Unberechenbarkeit auf der Bühne spannend zu beobachten ist.

Zurückgeklettert

Mal balanciert der Sänger schwankend auf seinem Monitor oder spuckt einen Eiswürfel für einen Kopfball in die Höhe. Dann bringt er es fertig, sein Mikrofon verkehrt in denjenigen Ständer zu stecken, an den er zwischendurch so stark angelehnt war, dass dieser nachher zwangsläufig umfallen musste. Schliesslich beginnt Doherty nach zwei weiteren geleerten Bechern, Hüte aus dem Publikum zu sammeln oder gegen eine seiner Halsketten zu tauschen. Und die Krönung in komödiantischer Hinsicht gibt's zur Zugabe: Während seine Musiker nach dem zehnminütigen Unterbruch auf «regulärem» Weg zurückkehren, wackelt plötzlich das Bühnenbild im Hintergrund und Peter Doherty windet sich unter der Deko durch.

Fernab seiner unfreiwillig humoristischen Einlagen verblüfft der Libertines-Mitbegründer aber musikalisch ein ums andere Mal. Wie er beispielsweise das Gitarrensolo beim überragenden «Albion» auch in angeschlagenem Zustand beherrscht, ist überaus beeindruckend und lässt - wie schon bei «Maybelline», «Pipedown» oder «Fuck Forever» als glorreichem Abschluss - das teils bedenklich zugedröhnte Publikum frenetisch jubeln, das seine Ikone auch nach diesem rauschenden Abend weiterhin vergöttern wird.
Trenner

Danke für deinen Support

Seit 2005 ist openairguide.net ein 1-Mann-Hobbyprojekt.
Aufgrund der erfreulich grossen Nachfrage – über 2 Millionen Seitenaufrufe pro Jahr – fallen Kosten für Server und Tools an [ca. CHF 3000].
Wer das Projekt mit ein paar Franken entlasten möchte, kann dies hier tun.
Vielen Dank für deine Unterstützung!
Trenner