So war SOHN in Zürich

Erste Lektionen

Viel hat SOHN bis jetzt nicht von sich preisgegeben. Ähnlich zurückhaltend präsentiert sich der Engländer auf der Bühne, lässt dafür aber umso mehr die Songs sprechen. Der Rückblick auf sein wunderbares Konzert im Zürcher Papiersaal.
Mit dem Debütalbum auf Platz 23 der Schweizer Albumcharts gelandet: SOHN (Bild: bei einem Konzert in Paris)
Mit dem Debütalbum auf Platz 23 der Schweizer Albumcharts gelandet: SOHN (Bild: bei einem Konzert in Paris)Photo: Screenshout / Youtube, elephantbaci
Zurückhaltung scheint sein oberstes Gebot. Um die eigene Biografie macht der unter dem Pseudonym SOHN agierende Londoner Toph Taylor noch immer ein kleines Geheimnis. Auch bei seiner ersten Schweizer Clubshow erweist sich der Wahlwiener, dessen melodisch-melancholischer Elektropop ihm im vergangenen Jahr zu einem sich immer unaufhaltsamer ausbreitenden Hype verholfen hat, als schüchterne Persönlichkeit. Ganz in schwarz gekleidet, die Kappe und den Kapuzenpulli über den Schädel gezogen und nach vorne über seine elektronischen Gerätschaften geneigt, haftet am Auftreten Taylors live das Mysteriöse weiter an.

Dreifache Schaltzentrale

Versteckt hinter einer Armada mehrheitlich in blauer oder roter Farbe aufblinkender Leuchtröhren präsentiert sich SOHN auf der nahezu komplett ausgefüllten Bühne des Papiersaals im Zentrum einer dreiköpfigen Band, die durchwegs in Front von Synthesizern, Displays und sonstigen Reglern und Pads sitzt. Einer der beiden Begleitmusiker agiert am E-Bass, derweil der andere Akteur dem Hauptprotagonisten ab und an die Show stiehlt, wenn er für das elektronische Fundament der Songs jeweils in die Tasten greift und gleichzeitig mit der anderen Hand emsig an Hebeln hantiert und Synthie-Orgeln pitcht.

SOHN selbst ist mit seinen Synthesizern, Verzerrern und natürlich insbesondere der berührenden Soulstimme für den melodischen Part zuständig. Beim gefühlvollen «Tempest» schafft er es mit reinem Falsettgesang ein erstes Mal die Location komplett ruhigzustellen, was beim an sich wirkungsvolleren «Red Lines», das auf dem Debütalbum «Tremors» überraschenderweise keinen Platz gefunden hat, davor noch nicht gelungen war.

Intensiv und dramatisch

Ansonsten zeigt sich in grosser Regelmässigkeit, wie grossartig und mit welcher Intensität die Kombinationen zwischen tiefem Bass, Synthesizern, elektronischen Finessen und der Stimme Taylor's in seinen spannungsgeladenen Songs zusammenspielen. «Bloodflows» ist einer dieser starken Momente. Am aussergewöhnlichsten wird es aber zum Schluss: «Lessons» erteilt eine Lektion, wie sich dieses Genre derzeit anzuhören hat, «Artifice» zündet ein weiteres Feuerwerk, ehe das grandiose «The Wheel» das knapp einstündige, dramaturgisch überzeugende Konzert beschliesst.

Kleidungstechnisch hat sich SOHN gegen Ende der Show Stück für Stück bis zum T-Shirt entblättert und dabei sein Innenleben immer weiter offenbart. Und als er dann bei seinem abschliessenden Hit von «the very last time» und «very last breath» singt, bevor er unter grossem Beifall in der Zuschauermenge verschwindet, ist man trotz aller Melancholie nur froh: Ob der Gewissheit, dass das Rad weiterdrehen wird und Toph Taylor noch lange nicht fertig hat.
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