So war Asgeir in Zürich

Zerzaust und zufrieden

Der Auftritt von Islands Senkrechtstarter Asgeir im nahezu ausverkauften Zürcher Mascotte entwickelt sich zu einer erfreulich vielseitigen Angelegenheit. Ein Blick zurück.
Kamen gut zur Geltung im Mascotte: Asgeir und seine Band.
Kamen gut zur Geltung im Mascotte: Asgeir und seine Band.Photo: Screenshot / Instagram, mascotte_zurich
In seiner Heimat Island hat sich das erste Album von Asgeir längst als bestverkauftes Debüt aller Zeiten etabliert - vor Namen wie Björk oder Sigur Rós wohlgemerkt. Warum es der erst 22-jährige Sänger in kurzer Zeit soweit gebracht hat, sollte sich schon rasch im Verlauf seiner Show in Zürich angedeutet haben. «Head In The Snow», das Asgeir als Opener präsentiert, lenkt er mit seinem weichen Falsett traumwandlerisch über eine wohlige Kombination aus elektronischem Beat und klassisch marschierenden Snares. Zurückhaltende Gitarren und ordentlich Hall runden ab - und verleiten früh zu ersten ergreifenden Momenten.

Ein wenig Isländisch ist geblieben

Anfang Jahr hat Asgeir sein Debütalbum neu mit (von US-Songwriter John Grant übersetzten) englischen Lyrics veröffentlicht und dabei das mystische Element seiner Muttersprache verdrängen lassen. Das ist durchaus zu bedauern. Gerade das erste Konzertdrittel, das unter anderem mit dem verzaubernden «Hærra» besetzt ist, offenbart nämlich, wie ideal sich das wohlklingende Isländisch mit dem hellen Gesang vereint.

Stimmlich gibt es sowieso - egal in welcher Sprache - nichts auszusetzen: Die klare Stimme lässt Asgeir regelmässig mühelos ins Falsett und wieder zurück gleiten, ohne an berührender Wirkung einzubüssen. Zusammen mit dem Keyboard, das der Isländer bedient, und der verzierenden Electronica bildet der Gesang die Grundlage, die - und das ist die erfreuliche Erkenntnis an diesem Abend - aber keineswegs ausschliesslich im inzwischen fast schon inflationär verbreiteten Elektrosoul mündet.

Viele Facetten und Nirvana

Unerwartet vielfältig erweitert Asgeir auf der Bühne zusammen mit einer vierköpfigen Band seine stilistische Bandbreite: Einmal singt der Isländer allein mit Gitarre im Scheinwerferlicht, dann eröffnen elektronische Finessen weitere Perspektiven («Going Home»), treibt der Folk an («Summer Guest») oder bringt eine Nirvana-Coverversion («Heart Shaped Box») die Komponente Rock ins Spiel.

Und so mausern sich schliesslich zwei ebenfalls auf andere Fährten ausufernde Songs zu den Höhepunkten des etwas mehr als einstündigen Konzerts. Das bis anhin unveröffentlichte «Ocean» überrascht zunächst mit düsterem Basslauf und klickernden Drumsticks, weckt Erinnerungen an SOHN und endet mit weiteren Elektro-Spielereien. Am meisten verblüfft aber das entfernt radioheadeske «Nú Hann Blæs», das in einen ganz feinen Post-Rock-Ausflug ausartet - und den Startschuss zum finalen Höhenflug einleitet, für den sich Asgeir seine beiden grössten Hits aufgespart hat: das aufbauende «King And Cross» und natürlich «Torrent», diesen epischen Piano-Marschtrommel-Wildwasserstrom, der zum Schluss zerzaust und mehr als zufrieden zurücklässt.
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